Sie wollen ihre Brüste, ihre Beine, ihr Lächeln. Dann kommen sie. Alte, junge, dicke, dünne. Polizisten und Klempnermeister, Politiker, Spediteure und Software-Entwickler - sie hat sie alle gehabt, Stephanie Klee, 46 Jahre alt, geboren im Oberbergischen, wohnhaft in Berlin. Und lächelnd, spöttisch: »Könnten auch ein paar mehr gewesen sein. Sie hat ihre Männer oft gelobt für deren Qualitäten und sie manchmal getröstet, wenn sie plötzlich anfingen zu flennen, die stärksten Kerle, einfach so. Termingeschäfte, zu denen sie die Freier daheim oder im Hotel besucht, kosten Mark und mehr, je nach Service, aber, heilige Regel, »nie ohne Schutz, und wenn sich der Kunde auf'n Kopf stellt«. Das Bundeskriminalamt schätzt die Zahl der hier zu Lande arbeitenden Prostituierten auf ; die Hurenverbände tippen auf das Doppelte. Und, lächelnd, spöttisch: »Da muss man sich schon ein bisschen anstrengen, wenn man keine 18 mehr ist. Afrikanische Nutten Vicky Nürnberg Gesichtszüge sind derb, das Kinn ist kräftig und ausgeprägt, die Augen blassblau, zwischen den nachgezogenen Augenbrauen stehen zwei steile Kerben. Ihr Haar ist gefärbt, feuerwehrrot, und rot ist auch ihre Leinenbluse, ihr Rock. Die Farben sind zu laut für sie, ihr Parfum Afrikanische Nutten Vicky Nürnberg zu schwer. Andererseits hat Stephanie Klee eine Art ruppigen Charme kultiviert, ein schnippisches Selbstbewusstsein gegen-über der Welt, das als solider Abwehrschirm funktioniert. Die Stephanie Klee dahinter erweist sich als rheinischer Kumpeltyp, warmherzig, mit pedantischem Gerechtigkeitssinn. Für die Sonntage, die sie mit ihren Patenkindern verbringt, entwirft sie ein aufwendiges Programm, damit niemand zu kurz kommt, Geburtstage vergisst sie nie. Gute Sexarbeit? Sie meint es ernst. Sexualität, für den Rest der Gesellschaft etwas Intimes und Bedeutendes, hat sie zu ihrem Broterwerb gemacht, und sie spricht davon mit handwerklichem Stolz. Weil es nämlich um Erotik geht. Um Gefühl. Und um Psychologie - ja, im weitesten Sinn: um Seelsorge. Stephanie Klee, die heilige Hure, findet, dass sie einen wertvollen Beitrag in dieser Welt leistet, weil Menschen mit gutem Sex glücklicher durchs Leben gehen als Menschen ohne Sex. Sie fährt einen roten Mazda Afrikanische Nutten Vicky Nürnberg, das Handschuhfach ist voller Jazzkassetten, sie schwärmt für Michel Petrucciani, den kleinwüchsigen Pianisten, der vor zweieinhalb Jahren gestorben ist, und sie liebt ihre Harley Davidson, eine »Hugger«. Sie hat eine vernünftige Altersversorgung, und alle drei Monate trägt sie ihre Papiere zu Dr. Ernst-Pörksen, ihrem Steuerberater. Nun gibt es allerdings eine höhere Art von Ordnung, nämlich Gerechtigkeit. Und Stephanie Klee, Hure mit Beamtenseele, will genau das, Gerechtigkeit, Anerkennung, Respekt; sie will, dass kein Bischof und keine Feministin sich in eine Talkshow setzt und im Adoptivelternton befindet, man müsse die armen Dinger retten aus Sünde und Patriarchat. Das soll die Gesellschaft endlich akzeptieren. Gerechtigkeit, dieser Mission setzt Stephanie Klee nach mit der Zielstrebigkeit einer Suchkopfrakete. Der Gerechtigkeit halber hat sie sich, kaum dass sie anfing, in Bars zu arbeiten, mit Bordellbesitzern gefetzt. Sie hat sich nie geschämt, allen, die es wissen wollten, ihren Vor- und Nachnamen zu buchstabieren und immer wieder zu erklären: Ich bin eine Hure und stolz darauf. Aber so einfach ist Politik eben doch nicht. Vor ihr liegt ihr Telefon. Ihre Mission scheint gescheitert. Bis der Anruf kam, hatte sie noch einen entspannten Vormittag. Jemand aus dem Bundestag. Ein Bekannter von der PDS-Fraktion, der sie immer mal mit Informationen versorgt. Diesmal sehr aufgeregt. Die Stimme haspelt. Die Abstimmung über das Gesetz wurde verschoben, in drei Tagen sollte ja die dritte Lesung und Abstimmung stattfinden - und jetzt angeblich nach der Sommerpause. Vielleicht kann sie noch was mobilisieren. Eine Demo vorm Reichstag oder so, wie viele Huren könnte man denn zusammentrommeln? Aber es muss schnell gehen, tschüss.
Und sie sagt »wir« und »Frauen wie mich«, und bei diesem Bekenntnis erlischt schlagartig das Geraschel und Getuschel im Plenum. Missfällt sie den Augen ihres Herrn, so soll es diesem freistehen, sie zurückzuschicken, nicht aber sie an ein Volk weiter zu verkaufen. Seit zwei Jahren kriege ich vom Arzt Antidepressiva gespritzt. Das Innere der Bordelle bestand gewöhnlich aus mehreren kleinen Zellen ohne Fenster. An zwei Fronten hat sie gerackert - sie hat versucht, eine eher uninteressierte Öffentlichkeit davon zu überzeugen, dass Prostituierte anders sind als in Fernsehkrimis; und sie hat sich abgestrampelt, ihren Kolleginnen dasselbe einzuimpfen. Die Priester machten sich das in Bezug auf die Jugend zu nutze und weihten die Neulinge beiderlei Geschlechts in die Geheimnisse aller Laster ein.